Votum Augenblick mal! 2017 zur Konferenz
„Zwanzig Personen nehmen an einem runden Tisch Platz. Der Tisch, ausgestattet mit Mikrofonen, einer Art Telefonhörer und verschiedenfarbigen Knöpfen, erinnert an den Tisch im Filmklassiker Dr. Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb. Und möglicherweise ist die Intention der Spielemacher˟innen von pulk fiktion, den Teilnehmenden eine „zündende“ Macht zu geben.
Auf jeden Fall wird durch Anweisungen ein Spielrahmen von den Macher˟innen vorgegeben, den die Teilnehmenden durch gemeinsam entschiedene Regeln ausfüllen. Regeln, die für die Dauer des Spiels die Gemeinschaft als mögliche Familie strukturieren. Jede˟r hat die gleichen Rechte, jede˟r muss sich diesen gleichmäßig unterwerfen bzw. kann diese infrage stellen. Zusammen wird gefeiert, zusammen wird immer weiter entschieden, wie die Interaktion untereinander verlaufen soll. So weit, so gut.
Nun ist die Konferenz der wesentlichen Dinge gerade für Kinder und Erwachsene konzipiert. Und natürlich sind unter den zwanzig Teilnehmenden Kinder und ihre Eltern sowie Kinder und Erwachsene, die in irgendeiner Art eine Vormundschaft für diese inne haben. Und damit bekommen das Spiel und die gemeinsam erstellten Spielregeln einen anderen Twist. Denn je weiter die Gemeinschaft in das Spiel eintaucht, umso mehr lauern die Fallen der „Gleichberechtigung“ und die Grenzen unserer „unsichtbaren“ sozialen Normen: dürfen junge Menschen diese Grenzen selbst in diesem Spiel ausloten? Oder müssen die älteren Menschen in ihrer Vormundschaftsfunktion ihnen Limits setzen? Auch auf die Gefahr hin, dass die gesetzten gemeinsamen Spielregeln und die Gleichheit im Spiel gebrochen werden?
Konferenz der wesentlichen Dinge von pulk fiktion überzeugt, weil es nicht nur den Theaterraum zu einem partizipativen und interaktiven Spiel transformiert, sondern auch auf eine spielerische Art und Weise soziale Normen und Grenzen unserer Gesellschaft Stück für Stück dekonstruiert. Nicht nur die großen Fragen der Demokratie, sondern auch kleine Fragen des Umgangs mit und der Anerkennung von verschiedenen Erfahrungsgrundlagen und Lebensexpertisen werden in dieser Performance gestellt.“
Dr. Azadeh Sharifi, Kuratorin Augenblick mal! 2017