Efraim Presse 1
„pulk fiktion“ holt Pippi Langstrumpf in die Theaterwerkstatt
„Pippi Langstrumpf ist eine Heldin: Sie ist nicht nur stark genug, um ihr Pferd zu stemmen, sondern auch, um die Regeln der Algebra und die Konventionen gesellschaftlicher Werte aus den Angeln zu heben.
Im Rahmen des diesjährigen Experimentierplatzes Regie, vergeben vom Theater Marabu, holt Regisseurin Hannah Biedermann die illustre Figur Astrid Lindgrens in die Theaterwerkstatt und nähert sich auf ganz eigene Weise der Ikone ganzer Mädchengenerationen.
Die Uraufführung des Stückes „Efraims Töchter“, eine Produktion des Künstlerkollektivs „pulk fiktion“, kreist um traditionelle Geschlechterklischees und deren Aufhebung. Drei Schauspielerinnen Manuela Neudegger, Silvie Marks und Stefanie Mrachacz schlüpfen im Rahmen der Pippi-Abenteuer in verschiedene Rollen und Situationen: Gekleidet in angedeutete moderne Ritterleibchen (Bühne und Kostüm Hanne Lauch), schreien sie unter lautstarkem Gitarrengeschrebbel ihre Wut hinaus, in der Schule unbeliebt gewesen zu sein, und vernachlässigen lustvoll jede Etikette bei einer Kuchenbackschlacht.
Auf der Bühne, ausgestattet mit drei Sesseln und einer mit ausgewählten Pippi-Accessoires behängten Wäscheleine, ist alles erlaubt. Auch Weinen. Hier darf man, Heldentum hin oder her, auch zeigen, wenn man sich schutzlos fühlt. In dem kollagenartig angelegten Regiekonzept spielen die Akteure auf verschiedene Figurenebenen, schlüpfen in Fremdfiguren des Pippi-Kosmos oder treten als sie selbst in Aktion, auch in direkter Konfrontation mit dem Publikum.
Biedermann bedient sich verschiedener Darstellungsformen, nutzt choreografische Elemente und Gesangspartien, um Raum zu schaffen für assoziative Bilder.“
von Julia Wehner
Generalanzeiger, Feuilleton, vom 15.09.2009