Popcorn wie von David Lynch
Als allererstes geht es ein paar gerupften Plastikhühnern, die an Seilen von der Decke hängen, an den Kragen. Rapp-Zapp sind die Köpfe ab. Aus einem schütteln Karoline Kähler und Clara Minckwitz Maiskörner direkt in eine kleine Popcorn-Maschine. Der ganze Spaß wir noch mit einer kleinen Kamera auf eine Leinwand projiziert. Bei der Atmosphäre, die Matthias Meyer mit dem DJ – und Sound-Effekte-Pult dazu auf der Bühne erzeugt, könnte man denken, genau so macht auch David Lynch sein Popcorn.
Es geht direkt in die Vollen bei „Max und Moritz“ in der Version der Kinder- und Jugendtheatergruppe pulk fiktion (Regie: Hannah Biedermann), die mit der Aufführung im Freien Werkstatt Theater auch noch ihren zehnten Geburtstag beging. Die Truppe, die seit kurzem das FWT als „Homebase“ bezogen hat, bietet dem Publikum mit Wilhelm Buschs Lausbubenpaar einen durch und durch gelungenen, anarchischen Spaß mit Lachgarantie für Groß und Klein.
Die Streiche von Max und Moritz werden modernisiert. Und da ist es nur konsequent, dass statt von Streichen meist von „Pranks“ die Rede ist – ja, so reden die jungen Leute heute. Opfer ist vornehmlich Matthias Meyer, der so einiges aushalten muss. Mal platzt ein Ballon mit Wasser über ihm, später wird er von Eva aus dem Publikum mit einem Elektroschockgerät gequält. Kurzerhand bekommt die Foltermagd den Namen „Elektro-Eva“ verpasst, und das Publikum feuert sie an, während es Meyer in einer Tour durchschüttelt.
Da jedoch treten Minckwitz und Kähler dann aus ihren Rollen heraus und konfrontieren das Publikum mit seiner Schadenfreude und den Strukturen der Macht, die dahinterstecken. Ein hintersinniges Spiel, das aufklärt ohne den Zeigefinger zu heben. Bravo!
Bernhard Krebs, Kölnische Rundschau, 17.10.2017