Laudatio für den Kölner Kinder- und Jugendtheaterpreis 2022
„Robin und die Hoods“ von Bianca Lehnard
„Robin und die Hoods“ ist rebellisch, anders, heutig und das ohne, dass die Kernfragen des bekannten Narrativen ausgetauscht würden: Wie verteilt sich Gerechtigkeit? Wer hat einen Anspruch auf Wahrheit? Wofür lohnt es sich zu kämpfen? Wie entsteht Gemeinschaft? Wie Überzeugung?
Vom ersten Moment an zieht uns das Ensemble in bunten, schrillen Strumpfhosen, egal ob 8 oder 80 Jahre alt, in die Geschichte, oder eher gesagt: macht uns neugierig, diese Menschen auf der Bühne ernsthaft kennenlernen zu wollen. In Form einer Electropunk Band (ich hoffe an dieser Stelle annähernd richtig zu deuten) zeigt sich ein Ensemble, dass diese Fragen gekonnt und mit einer Menge Leidenschaft, Humor und Bewegung für sich und mit uns erforscht.
Schritt für Schritt erlebt das Publikum sitzend die Geschichte, spürt, wann auch es an eine Grenze gelangt, sich Wahrheiten verdrehen, neue Fragen auftauchen, obwohl man sich doch bereits für eine Antwort entschieden hatte. Es gibt keine Person auf oder vor der Bühne, die nicht mitwirkt. Ob Techniker oder Kinder, ob Erwachsene oder Spieler:Innen, pulk fiktion schafft es, alle zu involvieren und zu Mitgestaltenden zu machen. Somit erleben wir einen Moment im Theater, der eine Reise zu unserer eigenen Haltung wird. Zu reflektieren, wann man aussteigt, bis wann man mitmacht, wann man sich Impulse erlaubt oder verbietet, wann man sich eine Meinung aneignet. Das alles gelingt dem Ensemble, ohne zu moralisieren, ohne strategisch hintenherum Wahrheiten zu injizieren, ohne dem Publikum das Gefühl zu geben, dass der Ausgang der Geschichte bereits geschrieben ist.
Pulk fiktion bekommt den Kölner Kinder- und Jugendtheaterpreis, weil die Gruppe es geschafft hat, uns zu erzählen, dass sich die großen Themen der Welt kaum ändern, wohl aber die Möglichkeiten, damit umzugehen.
Somit ist auch das Ende der Inszenierung stimmig, denn es entlässt uns offen, inspiriert, mit einem wohltuenden Schuss Hoffnung, der dunklen Wolken am Horizont gewahr.
Dieses Jahr haben wir viele besondere Stücke sehen können, haben großartige Inszenierungen nominiert. Es war nicht leicht, eine Inszenierung auszuwählen und wir danken allen Ensembles & Theatern, RegisseurInnen und SpielerInnen, dass sich das Theater für junges Publikum zeigt, entwickelt und nicht aufgibt, in einer herausfordernden Zeit ein herausforderndes Publikum zu berühren und Möglichkeiten anzubieten, sich seine eigene Meinung zu bilden und diese Welt zu seiner zu machen.